Der Beginn unserer Jungs war in etwa so temporeich wie der Bau des Berliner Flughafens und so torreich wie ein Fußballplatz: Es gab nämlich genau zwei eigene Tore innerhalb der ersten knapp 19 Minuten. Bei gleichzeitig 12 Gegentoren lag also hollywoodtypisch der sympathische Underdog uneinholbar hinten. Auch die Zuschauer hatten auf der dank des folgenden Spiels der Ersten überraschend gut gefüllten Tribüne schon jede Hoffnung fahren lassen. Doch was dann folgen sollte, gibt es sonst nur in Drehbüchern der Filmmetropole:

Mit einer 7:2 Serie schaffte es die Vierte innerhalb von elf Minuten bis zur Pause, dem Tiefenbroicher Gegner zu zeigen, dass da doch noch Gegenwehr zu erwarten war. Großen Anteil daran hatte wieder einmal Wochenend-Maurer Stefan Weegen, der das Tor für den Rest des Spiels zugemauert hat: frei vom Kreis, Tempogegenstoß, 7-Meter – der Mann hielt einfach alles. So ging es beim Stand von 9:14 in die Kabinen und plötzlich war die Stimmung bei unseren Jungs eine ganz andere.

In der zweiten Hälfte kam Tiefenbroich sichtlich verunsichert zurück auf die Platte, während Lintorfs Vierte sich nach und nach steigerte und den Rückstand auf drei Treffer verkürzen konnte. Nach einer unkonzentrierten Phase zwischen der 46. und der 54. Minute sah es dann mit 16:21 doch wieder nach einer Niederlage aus. Die wirklich verrückte Phase des Spiels stand allerdings erst noch bevor.

Die letzten sechs Minuten gehörten allein Lintorf: Der immer mutiger und befreiter aufspielende Rückraum um Dirk Känzler agierte nun gut und als Team und fand immer wieder den hervorragend spielenden Kreisläufer Dirk Füßgen, der am Ende mit acht Treffern bester Lintorfer Werfer war und auch den dramatischen Schlusspunkt in allerletzter Sekunde setzte: Von epischer Musik untermalt, in Zeitlupe ablaufend, kam der entscheidende Pass zum Kreis, Fütti drehte sich elegant um die eigene Achse, Close up auf das entsetzte Gesicht des Tiefenbroicher Abwehrspielers, der zu spät kam, und zack: zappelt der Ball im Netz. Musikwechsel auf Streicher und Fanfaren: Alle Arme auf dem Feld, auf der Bank und auf der Tribüne wurden nach oben gerissen und die Schlusssirene ging im lauten Jubel der Lintorfer unter: 22:22 stand es am Ende dieser denkwürdigen Partie. Und dieser Punkt und die Freude über seinen Gewinn war sicherlich mehr wert als so mancher Sieg.

Christoph Dymek